Filmbesprechung
»Gott würfelt nicht«
Inhalt des Films
In seinem 2001 veröffentlichten Film »Gott würfelt nicht« schildert der Produzent und Autor, wie der Untertitel unschwer erkennen lässt, den »erbitterten Kampf zwischen Wissenschaft und Ideologie«. Poppenberg beleuchtet Beispiele für die systematische Verdrängung eines Schöpfergottes aus der (Natur)Wissenschaft und geht der Frage nach, ob dieser Prozess zwangsläufig ist.
Der Film beginnt mit einer Spielszene, die den Zuschauer in die Neujahrsnacht von 1801 entführt. Guiseppe Piazzi, der Direktor der von ihm gegründeten Sternwarte in Palermo auf Sizilien, entdeckt den Planetoiden Ceres. Ehe es ihm gelingt, ausführliche Daten zu dem Himmelskörper zu ermitteln, verschwindet dieser hinter Wolken. Erst später findet man heraus, dass Ceres der größte Kleinplanet ist, der unsere Sonne umkreist. Ohne die Kenntnis physikalischer Gesetze und die Anwendung mathematischer Regeln wie sie u.a. von Johannes Kepler und Sir Isaak Newton entdeckt wurden, wäre es nicht möglich gewesen, anhand der knappen Daten Piazzis den Asteroiden wiederzufinden. Ausgehend von der mehr als zwei Jahrhunderte zurückliegenden Entdeckung Piazzis klärt uns der Kommentator über eine weitgehend in Vergessenheit geratene Gemeinsamkeit auf, die Größen der Wissenschaft wie Kepler, Newton oder auch den deutschen Mathematiker, Astronom und Physiker Carl Friedrich Gaus verbinden: »Nämlich ihr Glaube daran, dass es etwas Höheres als den Menschen gibt.«
Damit ist der rote Faden des Filmes angesagt. Nachfolgend schildert er, wie sich eine andere, die naturalistische Weltsicht herausbildete, in der Gott keinen Platz mehr hat. Der deusche Zoologe und Naturphilosoph Ernst Haeckel erklärte die großen Rätsel der Natur für geklärt. Er prophezeite eine geistige Befreiung der Menschheit, die mit dem Sieg über die »verhasste Religion« einhergehe. Im 19. Jahrhundert empfanden viele Naturforscher das Abschütteln der Bevormundung durch die Kirche und ihrer religiösen Dogmen als Befreiungsschlag. Von der Inquisition traumatisiert, lehnten viele die Bibel ab, die mindestens zehnmal wiederholt, alles sei »nach seiner Art« erschaffen worden. In der von Charles Darwin zum Durchbruch verholfenen Evolutionstheorie wird das Gegenteil behauptet.
Der Genetiker Dr. Wolf-Ekkehard Lönnig erklärt, dass evolutionistische Vorstellungen schon zu der Zeit weit verbreitet waren, als Moses den biblischen Schöpfungsbericht aufzeichnete. Später wurden die evolutionistischen Denkansätze von anderen wie Jean Baptiste Lamarck und Charles Darwin aufgegriffen. Obwohl, wie der Biologe Dr. Siegfried Scherer ausführt, Darwin nur horizontale Veränderungen »innerhalb einer Art oder auf der Artebene« (Komplexitätsebene) beobachten konnte, ging er und gehen noch heute seine geistigen Nachfahren von einer stufenweisen Höherentwicklung des Lebens aus.
Neben den ethisch-moralischen Aspekten, die mit der Loslösung von Gott im wissenschaftlichen Denken einhergehen, spricht der Film im Nachfolgenden einzelne Problemfelder der Evolutionstheorie an, wie etwa die Frage der Lebensentstehung aus unbelebter Materie. Diese sei nach wie vor ungeklärt. Das berühmte Miller-Experiment konnte zwar experimentell in einer künstlich geschaffenen, angenommenen »Ursuppe« Aminosäuren synthetisieren, aber die in lebenden Organismen auftretenden Verbindungen werden, so der Kommentator, »nicht erzeugt«. Auch bleiben diese Experimente den Nachweis schuldig, wie aus den organischen Verbindungen Proteine (Eiweisverbindungen) oder gar die DNA als Träger des Erbgutes entstanden sein sollen. Der Biologe Scherer konstatiert, Louis Pasteurs Feststellung, Leben entstehe nur aus Leben, sei bis heute gültig.
Schon in der ersten Blüte des Darwinismus wurde erkennbar, dass hier nicht nur wissenschaftlich argumentiert und gestritten wurde, sondern dass es auch um eine ideologische Auseinandersetzung ging, mit allen dafür typischen Symptomen. Der wohl führende Evolutionsbefürworter auf dem Kontinent, Ernst Haeckel, verteidigte eifrig Darwins Ansicht von der Vererbung erworbener Eigenschaften. Um seine Theorie zu untermauern, nach der der menschliche Embryo mehrere entwicklungsgeschichtliche Stadien wie das des Fisches durchläuft (lt. Haeckel: »biogenetisches Grundgesetz«), zeichnete er dazu passende Embryonenbilder, die, so der Kommentator , »einen Vergleich mit der Wirklichkeit nicht standhielten«.
Poppenberg betont in seiner Dokumentation, dass Haeckels ideologisch gefärbter Eifer für den Darwinismus kein Einzelfall war. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich als Gefahr für die Evolutionstheorie erweisen könnten, wurden und werden - mitunter rigoros - bekämpft. Der Film verweist auf das prominente Beispiel der Entdeckungen von Gregor Johann Mendel. Im Jahr 1903 weigerte sich die führende naturwissenschaftliche Zeitschrift der Welt, das britische Magazin Nature, Artikel zu veröffentlichen, die den »Mendelismus« stützen. In der Sowjetunion wurde diese Haltung durch den Agarbiologen Trofim Denissowitsch Lyssenko bis 1964 konserviert, was nicht verwundert, bezeichnete Karl Marx die Theorie von Darwin doch als »naturwissenschaftliche Grundlage des geschichtlichen Klassenkampfes«. Lyssenko bekämpfte seine wissenschaftlichen Gegner, die Mendelisten, im wahrsten Sinne des Wortes bis aufs Blut. Nachdem man in den 30-er Jahren sogar von einer Krise des Darwinismus sprach, arrangierten sich die Forscher in der westlichen Welt früher mit den mendelschen Gesetzen als ihre regimetreuen sowjetischen Kollegen und definierten aus der Vereinigung von Darwins Theorie und Mendels Entdeckungen die Synthetische Evolutionstheorie.
Als Gegenposition zur vom Naturalismus verkündeten Herrschaft des Zufalls verweist der Film auf die Entdeckungen des russischen Chemikers Dimitri Iwanowitsch Mendelejew, der ein Periodensystem der Elemente aufstellte und auf Grund der ihm innewohnenden Ordnung das Vorhandensein und die Eigenschaften erst später entdeckter Elemente (Gallium, Scandium, Germanium) voraussagte. Unter den sogenannten »stabilen Elementen« der ersten 83 Ordnungszahlen gibt es zwei Elemente, die durch ihre Instabilität herausfallen: Technetium (Nr. 43) und Promethium (Nr. 61). Nirgends in den Weiten des Universum, so der Chemiker Dr. Peter Plichta, tauchen diese Elemente auf. Niemand wisse bis heute warum. Genau genommen existierten also nur 81 stabile Elemente. Eigentümlicherweise ergebe 34 exakt diesen Wert: 81. In ebendiesem mathematischen Ausdruck (34), fährt Plichta fort, kämen die beiden Zahlen vor, die »für das ganze materielle Geschehen verantwortlich sind. Dreifach ist nämlich die Zahl der Bausteine aller Atome - alle Atome bestehen aus Protonen, aus Neutronen und aus Elektronen - und Kennzeichen der Elektronen, also des dritten Bausteines, ist, dass sie sogenannte vier Quantenzahlen haben. Und mit diesen Quantenzahlen konnte Pauli … dann zeigen, warum im Periodensystem die Ordnung herrscht, die wir vorgefunden haben.«
Während Mendelejews Voraussagen über noch unentdeckte Elemente eintrafen, erklärt der Kommentator nun, konnten Darwins Voraussagen über Zwischenglieder zu den heute bekannten Formen auf Grund bisher gemachter Fossilfunde noch nicht bestätigt werden. Im Gegenteil finden sich im Tier- und Pflanzenreich zahlreiche Organismen die nach herrschender Ansicht seit Millionen von Jahren unverändert geblieben sind - obwohl doch die Evolution ein ständiger Prozess des Wandels sein soll. Woher kommt die beobachtete große Stabilität vieler Arten? Das weitgehende Fehlen von Zwischenformen hat einige Wissenschaftler dazu bewogen, nach neuen Evolutionsmodellen zu suchen, in denen man solche Übergangsglieder nicht mehr braucht.
Der landläufigen Behauptung, die in der Chaostheorie beschriebenen zufälligen Kräfte im subatomaren Bereich, seien ein Indiz dafür, dass alles Werden und Gedeihen letztlich dem Zufall unterworfen sei, wird von Plichta klar widersprochen. Ein Atom könne nur durch Gewalt gespalten werden, erklärt der Chemiker. Aus den Gesetzen der so losgelösten subatomaren Teile auf eine Allmacht des Zufalls zu schließen, sei letztlich nur eine Hypothese. Mit seinem Auspruch »Gott würfelt nicht« habe Albert Einstein, so Plichta, nicht die wissenschaftlichen Erkenntnise seiner Zeit geleugnet, sondern davor warnen wollen, »aus diesen physikalischen Erkenntnissen heraus, den Hintergrund der Welt selbst als Zufall zu beschreiben«. Viele Evolutionstheoretiker hätten dies leider nicht verstanden. Die Atombombe war der Beweis dafür, dass sich die im Atom gebundenen ungeheuren Kräfte berechnen und kontrolliert entfesseln lassen.
Im weiteren Verlauf geht der Film auf ethische Aspekte des naturalistischen Weltbildes ein: »Wenn das Leben in einem Kampf ums Dasein - des Bestangepassten - entstanden ist, dann ist es ein Problem, eine Begründung dafür zu finden, dass dieselben Prinzipien nicht auf das menschliche Zusammenleben zutreffen sollen.« Nach dem Zweiten Weltkrieg rechtfertigten sich aktive Unterstützer des nationalsozialistischen Rassenhygieneprogramms mit dem Argument, es sei nur folgerichtig, die Erkenntnisse aus der Evolutionslehre auch auf den Menschen zu übertragen.
Das Resümee des Filmes ist die Feststellung, dass Haeckel irrte, wenn er die großen Fragen der Natur - insbesondere auch die der Lebensentstehung - für gelöst hielt. Evolutionisten wie Richard Dawkins, die bestenfalls den »blinden Uhrmacher« des Zufalls als gestaltende Komponente gelten lassen, verschließen die Augen vor den vielen bis heute ungelösten Fragen des unheimlich komplexen Lebens. Der Informatiker Prof. Dr. Werner Gitt ist der Meinung, der Zufall werde durch die Evolutionstheoretiker »überfrachtet«. Zur Erstellung komplexer Programme brauche man Ideen, Gedanken und Intelligenz. Wäre es anders, könnte man Computerprogramme mit Zufallsgeneratoren erzeugen. Die größte Informationsdichte überhaupt finde man in der DNA, dem Träger der Erbinformationen aller Lebewesen. Ließe sich ein Stecknadelkopf voller DNA-Informationen gedruckt in Taschenbüchern aufeinanderschichten, würde dieser Stapel die 500-fache Höhe der Entfernung Erde-Mond haben. Auch die DNA sei letztlich ein Code, der hochgradig optimiert ist.
Der Mathematiker und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz sagte: »Indem Gott rechnet und seine Gedanken ausführt, entsteht die Welt.« Tatsächlich scheint die Erde in allen ihren Parametern (Abstand zur Sonne, Umdrehungsgeschwindigkeit usw.) genau für das Leben ausgestattet worden zu sein. Schon eine einprozentige Abweichung und kein Leben wäre mehr auf unserem Planeten möglich.
Zum Ende des Filmes werden noch einmal Größen der Naturwissenschaft zitiert wie Albert Einstein, Max Planck und der Atomphysiker Werner Karl Heisenberg, der Begründer der Quantenmechanik. Letzerer vertrat die Ansicht:
»Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.«
Cover der DVD-Version von 2003
Cover der DVD-Version von 2003
Steckbrief
Vollständiger Titel:
Gott würfelt nicht : Über den erbitterten Kampf zwischen Wissenschaft und Ideologie
Jahr:
2001
Format:
Dokumentation
Produktion und Vertrieb:
Drei Linden Filmproduktion
Autor:
Fritz Poppenberg
Sprecher:
Thomas Vogt, Marina Behnke
Laufzeit:
75 Min.
Farbe:
Ja
Bildträger:
DVD und VHS
Bezugsquelle:
Website:
Kommentare zum Film
Wie schon Poppenbergs Film Der Fall des Affenmenschen, so war auch der hier besprochene für mich eine Bereicherung. Letztlich ging es mir im Roman Die Galerie der Lügen ja auch darum, den Nachweis für den philosophischen Charakter des Neodarwinismus zu erbringen. Wenn Evolutionisten die ID-Theoretiker als Mystiker und Scharlatane herabwürdigen und ihren Argumenten jede Wissenschaftlichkeit absprechen, dann nicht deshalb, weil die Evolutionstheorie eine wissenschaftliche Tatsache ist, sondern weil es gilt, eine verhasste Ideologie zu bekämpfen. Meiner Ansicht nach, liefert der Film zahlreiche Beispiele für die unwissenschaftlichen Erscheinungsformen dieses Krieges zwischen Naturalismus und Theismus (bzw. dem Eintreten für einen intelligenten Designer des Universums, das ja nicht in jedem Fall religiös motiviert sein muss). Man darf von Poppenbergs Film keine umfassende Widerlegung der Evolutionstheorie erwarten. Seine Zielsetzung besteht vielmehr darin, die inneren und äußeren Widersprüche darwinistischen Denkens bewusst zu machen. Gleichwohl stimmen die wenigen Beispiele zu Problemfeldern der Evolutionstheorie den unvoreingenommenen Betrachter nachdenklich.
Die eingestreuten Spielszenen sind vielleicht nicht nach jedermanns Geschmack. Sie werden in Anzahl und Dauer aber vom Autor durchaus sparsam eingesetzt, sodass sie eher auflockernd wirken und zum geistigen Atemholen einladen, als wirklich lästig zu fallen. Populärwissenschaftliche TV-Produktionen bieten auf Grund des ausufernden Einsatzes von vermeintlich unterhaltsamen Schauspielereien gemeinhin eine wesentlich geringere Informationsdichte.
Mein Fazit: Gott würfelt nicht ist ein mutiges und uneingeschränkt zu empfehlendes Filmdokument gegen den Allmachtsanspruch des Naturalismus. Es ist Poppenberg zu wünschen, dass seine Produktion ein großes Publikum findet.