Zufällige Entstehung nicht reduzierbarer Komplexität - nur unwahrscheinlich oder unmöglich?
Nach verbreiteter Ansicht vollzieht sich die Höherentwicklung des Lebens in einer Vielzahl kleiner und kleinster Schritte, deren Wirkung im Phänotyp - in der äußeren Erscheinungsform der Organismen - meistens kaum oder gar nicht zu erkennen sind. Da im naturalistischen Konzept eine vorausplanende Intelligenz ausgeschlossen wird, können sich sämtliche Veränderungen nur zufällig und damit ungerichtet vollziehen. Solche sprunghaften Veränderungen des Erbgutes werden Mutationen genannt. Die natürliche Zuchtwahl (Selektion), so glaubt man, sorgt für einen Erhalt solcher Änderungen, die für einen Organismus vorteilhaft sind, während nachteilige Variationen wegen geringerer Chancen im Kampf ums Dasein bzw. wegen eingeschränkter oder vollständiger Unfruchtbarkeit ausgesondert werden. Diese Mechanismen sind experimentell oder durch Beobachtungen nachweisbar, so lange man sich auf den Bereich der Mikroevolution beschränkt, also auf geringfügige Variationen, die keine neuen Baupläne hervorbringen. Evolutionstheoretiker nehmen an, dass solche größeren Umbauten - also etwa die Konstruktion einer Feder aus einer Reptilschuppe - durch Aufsummierung vieler mikroevolutiver Schritte vonstatten gehen. Hierfür gibt es aber bislang keine empirischen Belege, also keine Beobachtungen, Experimente oder eine zweifelsfreie Dokumentation durch Fossilien (vergleiche »Der Fossilbericht …«). In diesem Zusammenhang begegnen wir einem der größten Problemfelder der Evolutionstheorie, das in popularwissenschaftlichen Berichten kaum Erwähnung findet oder in seiner Bedeutung leicht durch die Irreführung der Vereinfachung heruntergespielt wird (vergleiche »sieben Irreführungen …«) in der Art wie: »Zur Verbesserung der Flugfähigkeit entwickelten die frühen Vögel ein Federkleid.« Bei besagtem Problemfeld handelt es sich um die nicht reduzierbare Komplexität. (engl. »irreducible complexity«). Was ist darunter zu verstehen?
Bei der Recherche zum Roman Die Galerie der Lügen bin ich in der Literatur und im Internet mehrmals auf den Vergleich gestoßen, den der Biochemiker Michael Behe in seinem Buch Darwin‹s Black Box The Biochemical Challenge to Evolution benutzt: eine Mausefalle. Sie besteht nur aus fünf Holz- und Drahtteilen: Brett, Feder, Haltebügel, Schlagbügel und Köderhalter. Man würde keine der Einzelkomponenten als Mausefalle bezeichnen und sie können für sich allein auch nicht als solche funktionieren. Nur wenn sämtliche Einzelteile gleichzeitig vorhanden und auch richtig zusammengesetzt sind, kann die Konstruktion einen sinnvollen Zweck erfüllen. Behe - er ist außerordentlicher Professor für Biochemie an der Lehigh-Universität (Pennsylvanien, USA) - verweist auf ähnlich überschaubare Apparaturen in der Natur. Oft wird gesagt, diese Organismen oder ihre organischen Strukturen arbeiteten wie Maschinen, Behe vertritt die Ansicht, sie sind im besten Sinne des Wortes Biomaschinen.
Im Roman wird der Elektrorotationsmotor* von Escherichia coli erwähnt. Das Bakterium verdankt seine Beweglichkeit einem Flagellum oder Geißel genannten Fortbewegungsorgan, chemischen Sensoren, einem Antriebs- sowie einem Steuerelement, und einigen anderen Teilen, insgesamt über fünfzig Einzelkomponenten. Legt man die evolutive Methodik zu Grunde, muss sich der Antrieb der Bakterie in Einzelschritten entwickelt haben, die zufällig und richtungslos waren. Selbst wenn man ihn in auf seine Grundelemente reduziert - Bakteriengeißel, Winkelstück, Rotationsachse, Lager und Motor -, bleiben immer noch fünf Baugruppen. Wie bei der Mausefalle. Nach Darwin ist für einen Organismus nur das von Vorteil, was ihm in der Umwelt, in der er sich behaupten muss, zu mehr Nachkommen verhilft. Alles andere ist unnötiger Ballast und wird von der Selektion wieder über Bord gekehrt. Somit stellt sich die Frage: Wie konnte der Bakterienmotor durch richtungslose Variationen entstehen?
Die nahe liegende Antwort wäre: »Es gab fünf Mutationen gleichzeitig, die den Antrieb zusammengesetzt haben.« Tatsächlich bekommt man von darwinistischer Seite oft diese Erklärung präsentiert, die natürlich gar keine Erklärung, sondern nur eine Behauptung ist. Noch weniger überzeugend ist die Unterstellung von Vorstufen des endgültigen Mechanismus, die dem Organismus im Kampf ums Dasein einen Vorteil verschafft haben. Anhand einfacher Beispiele wie den Bakterienmaschinen lässt sich leicht erkennen, dass es solche sinnvollen Vorstufen nicht gibt. Welchen Zweck sollte ein Elektromotor haben, der nichts antreibt? Wozu eine Steuerung, die ihre Impulse nicht in Kursänderungen umsetzen kann? Warum ein Drehgelenk, wenn sich in ihm nichts dreht? Die Liste der Sinnlosigkeiten ließe sich fortsetzen.
Bleibt also doch die »Erklärung« einer Makromutation, einer plötzlichen und zufälligen Variation, die alle Elemente der nicht vereinfachbaren Apparatur gleichzeitig hervorbringt. Wie wahrscheinlich ist eine solche Makromutation? Wie Reinhard Junker und Siegfried Scherer in ihrem Werk Evolution - Ein kritisches Lehrbuch (1998; Seite 129 ff) eindrucksvoll erläutern, wären selbst bei extremster Vereinfachung des Antriebs und geradezu abenteuerlich optimistischen Grundannahmen mindestens 28 passende Veränderungen in der Zelle erforderlich, um den Antrieb in einer evolutiven Hauruckaktion zusammenzusetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese 28 Veränderungen gleichzeitig und zueinander passend auftreten, wird mit einer eins ausgedrückt, vor der sich 140 Nullen befinden. Diese Kalkulation beruht auf der Beobachtung, dass Einzeller wie Escherichia coli eine passende »Punktmutation« gerade mal bei einer Milliarde Zellteilungen hinbekommen. Das hört sich zunächst gewaltig an, aber Evolutionstheoretiker gehen davon aus, dass es schon seit vier Milliarden Jahren Bakterien auf unserem Planeten gibt. Wenn man bedenkt, wie winzig Bakterien sind und wie zahlreich sie selbst in den unwirtlichsten Lebensräumen auftreten, könnte sich dann der Elektrorotationsmotor nicht doch zufällig zusammengesetzt haben?
Es wurde ausgerechnet, dass auf der Erde maximal 1046 Bakterien existiert haben können. Wenn diese Zahl mit der Unwahrscheinlichkeit der 28 passenden Veränderungen im antriebslosen Bakterium multipliziert wird, kommt man auf eine eins mit 94 Nullen davor. Mit anderen Worten: Eine zufällige Entstehung des Elektrorotationsmotors durch zueinander passende Punktmutationen ist in höchstem Maße unwahrscheinlich. Sogar wenn man annähme, dass fünf Gene mit jeweils nur drei Veränderungen einen funktionsfähigen Antrieb zusammensetzen könnten (was völlig unrealistisch ist) und das nur ein einziges Mal in der gesamten biologischen Erdgeschichte, dann wäre die Wahrscheinlichkeit im Lotto zu gewinnen noch immer eine Trilliarde mal größer - das ist eine Eins mit 21 Nullen.
Nun könnte der Lottospieler natürlich einwenden, alle Welt wisse, wie unwahrscheinlich ein Hauptreffer in der Lotterie ist, aber trotzdem spielten Millionen jede Woche mit - und immer wieder hat einer den Hauptgewinn. Das stimmt. Unwahrscheinlich heißt nicht unmöglich. Wie oft kommt es jedoch vor, dass jemand zweimal im Lotto gewinnt? Sehr selten. Wie oft gewinnt jemand drei-, vier- oder fünfmal? Jetzt greift die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Gäbe es viele Mehrfachlottokönige, dann wäre die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns nicht so niedrig - und die Lottogesellschaften gingen schnell pleite. Um das vielfältige Leben auf der Erde hervorzubringen, wären jedoch unzählige »Hauptreffer« erforderlich und das von Anfang an. Der Mathematiker, Astronom und Sciencefictionautor Sir Fred Hoyle hat nämlich gemeinsam mit dem Astrophysiker Chandra Wickramasinghe untersucht, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Bildung von Leben aus unbelebter Materie ist. Das Resultat der Wissenschaftler liegt bei eins zu einer Zahl mit 40.000 Nullen - einer Zahl, wie sie betonten, die groß genug sei, Darwin und die gesamte Evolutionstheorie zu begraben (so nachzulesen in John Lennox' Werk Hat die Wissenschaft Gott begraben? : Eine kritische Analyse moderner Denkvoraussetzungen [2002], Seite 124).
Am Bakterienmotor lässt sich sehr schön erkennen, wie die Erklärungsnöte der Evolutionstheoretiker durch die Irreführung der zu groben Vereinfachung kaschiert werden (für weitere Infos zu den »sieben Irreführungen« klicken Sie hier). Markus Rammerstorfer berichtet auf seiner Website (rammerstorfer-markus.batcave.net/
- den Hals der Giraffe
- die Speichel(kolben)pumpe der Wanzen
- das Kannenblatt von Nepenthes alata
- die Nesselzellen
- den Fangmechanismus des Großen Wasserschlauchs (Utricularia vulgaris; für eine Animation und weiteres Infos im Web klicken Sie hier).
- das Ultraschallortungssystem der Fledermaus
- die Selbstverbreitung (Autochorie) von Samen bei der Spritzgurke (Ecballium elaterium).
* Prof. Siegfried Scherer erläutert den Elektrorotationsmotor von Escherichia coli als Beispiel nicht reduzierbarer Komplexität eingehend unter evolutionslehrbuch.info/
Ließe sich das Vorhandensein eines zusammengesetzten Organs nachweisen, dass nicht durch zahlreiche aufeinanderfolgende geringe Abänderungen entstehen könnte, so müsste meine Theorie unbedingt zusammenbrechen.
Analogie
Ließe sich das Vorhandensein eines zusammengesetzten Organs nachweisen, dass nicht durch zahlreiche aufeinanderfolgende geringe Abänderungen entstehen könnte, so müsste meine Theorie unbedingt zusammenbrechen.
Der Biochemiker Prof. Michael J. Behe vertritt die Ansicht, Biomaschinen seien nicht nur wie technische Apparate, sie sind tatsächlich biologische Apparaturen. Hier der Vergleich eines schematisch dargestellten Elektrorotationsmotor des E. coli-Bakteriums (rechts) mit einer grundsätzlichen technischen Konstruktion. Beide Strukturen sind zweckgerichtet und viele Komponenten augenscheinlich auf ein Ziel hin organisiert. (verändert nach Nachtigall 2002, S. 126)