Hintergrund zum Roman »Metropoly«

Metaphorik

In Wahrheit habe ich als Frau kein Land.
Als Frau will ich kein Land haben.
Als Frau ist mein Land die ganze Welt.

Der Romantitel Metropoly ist ein Schelmenstreich. Vordergründig assoziiert man mit ihm den Namen des Brettspiels »Monopoly«, in welchem es um Geld und um die Mehrung von Straßen und Häusern geht. Diese Aspekte begegnen uns auch in Lenas Phantanauten-Episode. Im Titel des Romans steckt jedoch ungleich mehr. Lena, die Heldin der Geschichte, stammt aus London und die Engländer nennen ihre Hauptstadt the metropolis. Dieses Wort stammt aus dem Lateinischen, wo metropolis »Mutterstadt« bedeutet - und Lenas Gegenspielerin im Roman ist Pekunia, die »Übermutter«. Deren Name mag uns an das Fremdwort pekuniär erinnern, was so viel bedeutet wie »das Geld betreffend«. Im Namen Metropoly steckt noch der aus dem Griechischen stammende Wortbestandteil poly, der »viel« bedeutet. Der Buchtitel ist somit Programm: Es geht um viel Geld.

New Yorker Zeitungsjungen
Zeitungsjungen in New York (1908): Kinderarbeit zur Zeit von Virginia Woolf (Foto: Library of Congress LOT 7480, v. 1, no. 0032-A[P&P]).

Da Geld oft mit Macht auf eine Stufe gestellt wird, beleuchtet die Metaphorik des Romans - seine Symbolsprache - generell die Methoden, mit denen Institutionen, allen voran Wirtschaftsunternehmen, Menschen ausbeuten. Kinder bilden dabei einen besonderen Schwerpunkt, vordergründig in der Anprangerung von Kinderarbeit, die auch im 21. Jahrhundert nach wie vor ein globales Problem ist. Doch die bildhafte Sprache des Romans thematisiert ebenso das Kind als Kunden, welche mit aller Raffinesse an Unternehmen gebunden werden sollen. Zu diesen Kundenbindungsstrategien gehört die Stärkung des Markenbewusstseins, im Roman dargestellt durch buchstäbliche Abzeichen an Mützen oder Uniformen der Kinder. Die psychologisch ausgeklügelte Werbung manipuliert selbst Erwachsene. Sie bringt sie dazu, Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen, mit Geld, das sie nicht haben, um damit Leuten zu imponieren, die sie nicht mögen. Obwohl äußerlich der Kindheit längst entwachsen, werden sie so wieder zu Unmündigen gemacht, die tun, was andere ihnen sagen. In Metropoly spiegelt sich diese unbequeme Wahrheit nicht zuletzt in den greisenhaften Kindergesichtern.

Virginia Woolf
Virginia Woolf

In Wahrheit habe ich als Frau kein Land. Als Frau will ich kein Land haben. Als Frau ist mein Land die ganze Welt.

Virginia Woolf
Virginia Woolf

Lena »die Ziege«

Virginia Woolf
Virginia Woolf (1902)
© Copyright by Helmut Dohle 2008

Lena ist ein im englischen Sprachraum üblicher Kosename für Adeline. Ob Virginia Woolf, deren zweiter Vorname genau so lautete, jemals Lena genannt wurde, konnte ich nicht herausfinden. Überliefert ist dagegen der Neckname The Goat (»die Ziege«), den Virginia wohl ihrem Hang zu überspannter Komik verdankte. Die englische Schrifstellerin wurde am 25. Januar 1882 in London geboren. Zeit und Umstände ihres Todes bestimmte sie selbst am 28. März 1941 im Fluss Ouse bei Lewes (Sussex). Virginia Woolf hat zwar nie einen Literaturnobelpreis erhalten, gilt aber dennoch zu den großen Schriftstellerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Einen Artikel der Biliotheca Phantanautica zu ihrer Person finden Sie hier.